[Update] Der Nichtantritt als Nachricht

Nachdem Lafontaine am gestrigen Montag endgültig erklärt hat, dass er im September nicht für den Bundestag kandidieren wird, ist sein Nichtantritt eines der Topthemen in der Presse. Hier eine, nicht repräsentative, Auswahl der Berichterstattung in den Printmedien.

Zur Erklärung für seinen Verzicht auf eine Kandidatur meldete schon Gestern das “Neue Deutschland”:

Oskar Lafontaine begründete seinen endgültigen Rückzug aus der Bundespolitik damit, dass seine Vorstellungen über eine Neuordnung der europäischen Finanzmärkte angesichts eines »neoliberalen Blocks« in der Bundespolitik, der sich letztlich im Fiskalpakt auf europäischer Ebene »manifestiert« habe, nicht durchsetzbar seien. »Wenn man sich noch eine längere Zeit aufbürdet, muss man ein Ziel haben. Da andere, vordergründige Ziele bei mir ausscheiden, kann es nur ein inhaltliches Ziel sein. Und das inhaltliche Ziel muss sich auch lohnen. Aber solche Ziele sind bei der gegenwärtigen Konstellation in weite Ferne gerückt«.

“Lafontaine kandidiert nicht zur Bundestagswahl”, ND vom 22. April 2013

In der “Mitteldeutschen Zeitung” begrüsst Markus Decker den Verzicht Lafontaines und sieht Die Linke damit wieder auf die alte PDS geschrumpft:

Zwar hätte er im Westen noch Stimmen gezogen. Doch die Kollateralschäden wären größer gewesen.[..] Mit ihm verliert die West-Linke ihre Galionsfigur. Die Partei insgesamt schrumpft auf ihre ostdeutsche Hälfte: die alte PDS.

“Ohne Oskar”, Mitteldeutsche Zeitung vom 22. April 2013

“Zeit Online” lässt den hessischen Spitzenkandidaten van Ooyen zu Wort kommen, der sich einen Antritt Lafontaines gewünscht hätte. Nun hofft er darauf, dass dessen Lebensgefährtin Wagenknecht schnell weiter an Profil gewinnt. Und so möglicherweise in Zukunft Fraktion und Partei führen kann:

Anhänger des linken Flügels wie van Ooyen hoffen, dass Wagenknecht nun schnell den vermeintlichen Makel der von Lafontaine Protegierten los wird und endlich die Führung der Partei oder der Fraktion übernehmen kann. “In dieser Hinsicht könnte Lafontaines Rückzug für die Ausrichtung der Partei langfristig sogar gut sein”, sagt von Ooyen. So schätzt es auch Experte Nachtwey ein. “Wagenknecht wird jetzt endgültig die neue Gallionsfigur der radikalen Linken werden, ihr nutzt das.”

“Die Stille nach Lafontaine”, Zeit-Online vom 22. April 2013

Stephan-Andreas Casdorff sieht im “Tagesspiegel” Lafontaine auch jetzt nicht gänzlich von der Bildfläche der Linken verschwunden. Auch ohne Bundestagsmandat werde er weiter präsent bleiben. Zumal er maßgeblich mitgeholfen habe, WASG und PDS zur Linken zu machen. Und politisch oft seiner Zeit voraus war:

Vielleicht macht es ihn jetzt aber auch frei, den Freigeist, Neues zu denken. Er ist ja wirklich ein Homo Politicus, einer, der Politik lebt, der sich interessiert. Und wahr ist doch, bei allem Polarisierenden, dass er früher als andere Richtungweisendes gedacht und gesagt hat, ob finanzpolitisch, sicherheitspolitisch oder gesellschaftspolitisch. Heute sagt vieles davon auch die CDU. Er war nie nur Linker, nie Betonkopf. Wer war denn seinerzeit für die 35-Stunden-Woche ohne vollen Lohnausgleich?

“Die Linke bleibt Lafontaine”, Tagesspiegel vom 22. April 2013

Die “TAZ” spricht mit dem Parteienforscher Robert Lorenz über die Folgen der Entscheidung Lafontaines. Auch in Zukunft behalte dieser seinen Einfluss in der Partei und sorge damit weiter für Konfliktpotential:

Lafontaine zieht sich ja nicht aus der Partei zurück, er ist immer noch präsent – schon allein durch seine Beziehung mit der stellvertretenden Vorsitzenden Sahra Wagenknecht. Es ist kaum vorstellbar, dass die beiden sich nicht über Politik austauschen. Künftige Konflikte und Rangeleien sind nicht ausgeschlossen. Lafontaine hat schon so oft mit dem Austritt kokettiert, aber konnte es noch nie so richtig lassen. Er ist immer da.

“Lafontaine ist immer da”, TAZ vom 22. April 2013

Für die Partei selber erklärte ihr Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn:

Ich bin mir sicher, dass Herr Lafontaine auch ohne Kandidatur in den nächsten Monaten für die Linke unterwegs sein wird.[..] Er wird auch weiterhin eine wichtige öffentliche Person für die Linke sein.

Update
Die “Saarbrücker Zeitung” sieht nach dem Rückzug Lafontaines einen Kampf um den vakanten Spitzenplatz auf der saarländischen Landesliste voraus:

Bei den Saar-Linken wird es jetzt wohl zu einem Dreikampf um die Spitzenkandidatur kommen: Neben den Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze und Yvonne Ploetz interessiert sich auch Ex-Weltklasse-Tennisspielerin Claudia Kohde-Kilsch für den Spitzenplatz. Sie ist Lafontaines Sprecherin – und wird von ihm unterstützt.

“Oskar Lafontaine verzichtet auf ein Comeback in der Bundespolitik”, Saarbrücker Zeitung vom 23. April 2013

(mb)

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20 Antworten auf [Update] Der Nichtantritt als Nachricht

  1. Wolfgang Menzel sagt:

    Einfach Schade!

    • Birke sagt:

      Wolflgang Menzel, was genau soll schade sein? Daß dieser Egomane seine Partei gleich mitzieht in sein persönliches Waterloo? Oder daß nach nun klar ist, daß Linksparteimitgliedern nichts anderes übrigbleibt, als sich von Götzenanbeterei freizumachen und endlich anfangen müssen, selbst zu denken!

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  2. roskar sagt:

    sicher ist birke rechtzugeben. leider ist aber die geschichte der politischen linken eine rasante berg-und talfahrt in der götzenallee. der dadurch verursachte schwindel bleibt bei vielen lebenslang und unheilbar-nennt sich akl, kpf, dkp usw.

  3. Wolfgang Menzel sagt:

    Birke 23. April um
    ich bin nicht der einzigste der den Nichtantritt sehr bedauert. Dein Kommentar ist sehr flach und zeigt wie
    wichtig Lafontaine für die Linke ist. Der Qualitätsunterschied ist erheblich.

    • Peter sagt:

      … na ja, Lafontaine ist ein guter ” Achterbahnfahrer” und ordnet alles so ein, wie es ihm passt,… da gibt es wenig grundsätzliches und schon gar nichts bedauernswertes….

      • Hans-Georg sagt:

        “Jedem Tierchen sein Pläsirchen ” sagt der Volksmund. Wenn einige Zeitgenossen nicht ohne ihre Götzen und Ikonen mit ihrem Leben klarkommen müssen wir das hinnehmen. Wir lächeln manchmal über junge Menschen und ihre musikalischen und modischen Idole. Nur kommt bei den meisten von ihnen irgendwann mall der Klick und das “Mein Gott ! Wie konnte ich nur. ” Bei den gläubigen Anhängern von Politgötzen und Politikonen kommt das Erweckungserlebnis in der Regel nie.

  4. dos sagt:

    Tja Birke, – viel zu “flach”, da hast’ es.
    Allerdings:
    der “Tiefe” der Sümpfe gedankenschwerer Lenin-Deutungen zur Apologie mißratener Gewerkschaftsarbeit eines Wendl bis hin zu den Kratern von Rotlicht und krimineller Demimonde eines LaFo ziehe ich das “flache” Insistieren auf Selbstverständlichkeiten vor.

  5. Wolfgang Menzel sagt:

    Flacher geht es wirklich nicht, wenn man die Kommentare liest. Einfach unglaublich.

  6. mb sagt:

    und da schliesse ich mich mal der meinung des herrn menzel an. so langsam nutzen einige der kommentierenden die recht laxe moderation, um unter jedem text am liebsten über sich und ihre probleme zu plaudern.
    darum die bitte: halbwegs gehaltvoll, auch für dritte, zum thema schreiben

    • Birke sagt:

      Wolfgang Menzel sagt:
      23. April 2013 um 09:59
      Einfach Schade!

    • dos sagt:

      Gut, kann ich sogar nachvollziehen, daß die Betreiber sich anderen Inhalt wünschen, -
      ich glaube aber eher, daß eine Linke, die ihre Probleme, das sind u. a. die Probleme ihrer Mitglieder, NICHT beplaudert, weder zielgerecht noch erfolgreich operieren kann.

      • mb sagt:

        dann braucht es eine plauderecke. das können und wollen wir hier nicht leisten.

        • dos sagt:

          … aber WAS wollt/könnt ihr hier leisten?

          Der Appell “halbwegs gehaltvoll, auch für dritte, zum thema schreiben” mutet
          a) einerseits wie ein (Rück-) Ruf in die Pseudo-Objektivität des “wiss. Sozialismus” und seiner sozialdemokratischen Nebenläufer an, in der das Schicksal der Massen verhandelt wird, und nur Artikel u. Kommentare von erheblicher Allgemeinbedeutung gewünscht sind, nach deren deren akademischen A- Priori-Filtern die Verknüpfung von konkreter Lebenswelt mit Politik, und damit auch angeblich linker Politik(-basis), noch als mehr oder weniger ‘Dreckiges’ da subjektiv Loziertes allenfalls mit den Handschuhen wiss. Pathologie angefasst werden darf, – ohne dabei allzuviele Rücksichten zu nehmen -, statt die Kriterien für’s Allgemeine bzw. (‘für Dritte’) Bedeutsame auch aus den Subjektivitäten zu gewinnen.
          (Wer auch das noch in recht guter Akademik belegt braucht, dem sei ein Update in Richtung Waldenfels empfohlen)
          Und
          b) Ist das anderseits 1. doch auch nur ein kleiner Teil des Kommentarwesens, 2. das sich auf Artikel u. Kommentare bezieht, zu denen halt oft nicht mehr zu sagen ist, und ausführliche Plaudereien niemandem etwas wegnehmen, und
          3. der konkrete Anfang dieses Diskurses mit dem ‘Schade!’
          Menzels, auch nicht gerade ‘für Dritte’ so hinreichend wichtig und interessant war, wie Du das in Deinem Appell forderst.

          • mb sagt:

            genau diese plauderei meine ich. wir betreiben diesen blog in unserer freizeit und stecken nicht nur zeit hinein. auch die kommentare wollen vor veröffentlichung zumindest quergelesen werden. ich weiss, dass es mitunter unter linken ein bedürfnis nach “plauderei” gibt. aber wie schon gesagt. das muss an einem anderen ort befriedigt werden. hier kann nur in begrenztem rahmen darauf eingegangen werden.